Ausgewählte Zitate

Wer also in einer freien und gerechten Gesellschaft leben will, kann sich dabei nicht auf den Staat verlassen. Selbst Maßnahmen die ein Vorteil für Bürger bieten sind oft ein zweischneidiges Schwert. Zum einen steigt der Einfluss vom Staat auf die Gesellschaft, zum anderen bringen neue Regelungen meist zusätzliche Einschränkungen, deren Auswirkungen schwer abzusehen sind.
Rechte und Freiheiten

Karl Heinz Diemer

Von Ulli Diemer


Karl Heinz Diemer, Geschäftsmann aus Neufundland, Fotograf und Liebhaber von klassischer Musik, verstarb am 3. Februar 2006 im Alter von 85 Jahren.

Karl Heinz, der von seinen Freunden und seiner Familie in Deutschland Heinz und in Kanada Karl genannt wurde, wurde am 23. Juli 1920 in Oberkaufungen in Deutschland geboren. Sein Vater Adolf, ein verletzter Kriegsveteran, war Mitglied der neu gegründeten Kommunistischen Partei Deutschlands. Karl Heinz wuchs in einer politisch turbulenten Zeit auf. Auf einem Familienfoto ist er als Achtjähriger mit seiner jüngeren Schwester Emma auf einem Protestmarsch gegen Nazis zu sehen. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, wurde der zwölfjährige Heinz zu seinen Großeltern geschickt, die auch Kommunisten waren, um sie zu warnen, dass ihr Bauernhof möglicherweise geplündert werden würde. Seine Mutter Luise lief mitten in der Nacht durch die Wälder und sammelte Munition, die man bei einem Aufstand gegen die Nazis verwenden könnte. Es kam allerdings nie zu einem Aufstand: 1934 wurde Heinz Vater wegen Verrates und Widerstandes gegen die Nazis verurteilt und ins Gefängnis gesteckt.

Im Alter von sechzehn Jahren verließ Karl Heinz die Schule, um Schauspiel und Gesang zu studieren, und somit seinem Traum, Schauspieler zu werden, näher zu kommen. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs machte diese Pläne allerdings zunichte. Karl Heinz wurde als 19jähriger Soldat zunächst nach Kirkenes in den Norden des besetzten Norwegens und dann nach Afrika geschickt. Er diente unter Rommel im Deutschen Afrikakorps und wurde am 23. Oktober 1942 während der Schlacht von El Alamein gefangen genommen.

Die deutschen Soldaten wurden zunächst in Ägypten gefangen gehalten und dann per Schiff auf dem Suezkanal nach Kanada gebracht. Karl Heinz verbrachte den Rest des Krieges in kanadischen Kriegsgefangenenlagern in Quebec, Ontario und Alberta. Unter den Kriegsgefangenen waren zahlreiche Universitätsprofessoren, Lehrer, Linguisten und andere Fachleute mit einem breiten Wissen. So wurden im Lager Vorlesungen, Kurse und andere Bildungsaktivitäten angeboten. Karl Heinz lernte Englisch, Russisch und befasste sich mit Literatur. Als der Krieg 1945 in Europa endete, verhinderten Logistikprobleme und akuter Nahrungsmangel in Deutschland eine Rückkehr der Gefangenen vor Mitte des Jahres 1946.

Nach seiner Rückkehr arbeitete er in der Fertigung optischer Geräte und wollte nebenbei seine Schauspielkarriere fortsetzen. Es erwies sich aber schnell als unmöglich, sich in der schwierigen Nachkriegszeit seinen Lebensunterhalt im Theater zu verdienen. 1948 heiratete er Sieglind und ihr erster Sohn Ulli wurde geboren.

1954 kehrte Karl Heinz als Immigrant nach Kanada zurück, ein Jahr später folgten seine Frau und sein Sohn. Nachdem er kurze Zeit für einen Notdienst in Toronto gearbeitet hatte, wurde er Schulfotograf. 1956 brachte ihn seine Arbeit nach Neufundland, wo er den Rest seines Lebens verbringen sollte. Als Schulfotograf lernte er in den darauffolgenden Jahren jede Gemeinde auf der Insel, sowie viele in Labrador kennen. Er war stolz auf die Tatsache, dass er unter den ersten war, die die gesamte Insel Neufundlands mit dem Auto durchquerten (von Port aux Basques nach St. John's).

1960 zog Karl endgültig nach Neufundland. Seine Ehe zerbrach kurz darauf und Sieglind kehrte mit ihren zwei Söhnen Ulli und Peter, der 1958 geboren wurde, nach Toronto zurück.

1962 eröffneten er und seine neue Ehefrau Roberte in Corner Brook das Fotogeschäft Nova Photo. Weiterhin war Karl als Schulfotograf tätig. Ebenfalls eröffneten sie ein Fotobearbeitungslabor, das zunächst in Curling und dann in Pasadena ansässig war. Das Geschäft bestand 40 Jahre lang, bevor Karl und Roberte es letztendlich verkauften.

In Pasadena, das in der Nähe von Corner Brook liegt und das 1978 das neue Zuhause von Karl und Roberte wurde, ging Karl zahlreichen Interessen wie der Architektur, der Kunst, dem Bäumepflanzen und seinen geliebten Chow-Chows nach. Er war ein aktives Mitglied im Rotary Club und sprach dort mehrmals über seine Kriegserfahrungen und den Wahnsinn des Krieges. Roberte und er organisierten Klassikkonzerte in ihrem Zuhause in Pasadena, die immer gut besucht waren.

Während seines gesamten Lebens hatte er eine starke Bindung zu seinen deutschen Wurzeln. Er reiste oft nach Deutschland und hielt Kontakt zu seiner Familie, seinen Schulfreunden und zu ehemaligen mit ihm inhaftierten Kriegsgefangenen. Er war sein ganzes Leben lang Mitglied des Schlaraffia Clubs, dem er als junger Mann in Kassel beigetreten war.

In den 90er Jahren kehrte Karl nach Nordafrika zurück und besuchte ein Treffen von Kriegsveteranen. Besonders der Gedenkgottesdienst bewegte ihn sehr, da deutsche, italienische und britische Veteranen teilnahmen, die im Krieg gegeneinander kämpften und sich nun versöhnten.

Er hinterlässt seine Frau Roberte, seine Söhne Ulli und Peter, seine Schwestern und ihre Ehemänner, sowie Nichten und Neffen. Ein Gedenkgottesdienst fand in Corner Brook in der First United Church statt.



Karl Heinz Diemer - Photo by Ulli Diemer



 

Schlaraffia photo 1        Schlaraffia photo 2        Obituary in the Western Star


2006.

Also in English: Karl Heinz Diemer.